Terroir - was genau ist das? Und wie hat dies Einfluss auf den Wein?
Andrea Wirsching aus Iphofen im Weinbaugebiet Franken hat sich Zeit für uns genommen und die wichtigten Fragen für uns beantwortet.
Andrea Wirsching ist die Geschäftsführerin in der 13. Generation des Weinguts Hans Wirsching in Iphofen im Anbaugebiet Franken.
Ganz kurz gesagt - was bedeutet Terroir?
Terroir wird meist auf die Art des Bodens bezogen. Eigentlich umfasst dieser Begriff aber alles, was den Herkunftscharakter eines Weines beeinflusst.
Aus welchen Bereichen setzt sich das Terroir eines Weins zusammen?
Bodenbeschaffenheit und Hangneigung
Luftströme, Wasserverfügbarkeit
Allgemeine Klimabedingungen
Witterung in einem speziellen Jahr
Rebsorte
Am Ende auch der Mensch, der den Wein macht
Wie gross ist ein Terroir flächenmässig? Begrenzen Sie dies auf Ihre einzelnen Lagen Gemeinden?
Wir haben in Iphofen 265 Hektar Weinbauflächen, die auf drei Lagen verteilt sind. Iphöfer Julius-Echter-Berg, Iphöfer Kronsberg und Iphöfer Kalb. Alle drei befinden sich an den Hängen des Steigerwaldes, eines Mittelgebirges, das auch die Keuperstufe genannt wird. Keuper, die jüngste Schicht des Trias entstand vor ca. 230 Millionen Jahren, als das flache Triasmeer austrocknete und sich die Organische Masse der Lagunen und Dschungel als Sediment ablagerte. Durchzogen wird dieses dunkelgraue Geschein von Gips, der sich aus dem Salt des Meeres bildete. Vor etwa 50 Millionen Jahren gab es eine tektonische Verwerfung, der sogenannte Rheingraben brach ein und da riss diese Schicht auseinander. Deswegen haben wir als rechtsrheinische Franken, von Westen kommend, den Buntsandstein (bei Bürgstadt, unterste Schicht, ursprünglich Wüste), Muschelkalk (bei Würzburg, ursprünglich Meer) und Keuper (bei Iphofen, Keuperstufe).
Welchen Einfluss hat das Terroir auf den Wein?
Im Wein landen die Mineralien des Bodens, des Gesteins, auf dem die Rebe wächst. Das ist die wichtigste Komponente. Dindet die Rebe genug Wasser, leidet sie im Wachstum keinen Stress und kann aromatische Trauben produzieren, in denen diese gelösten Mineralien zu schmecken sind. Wie gut die Trauben reifen, hängt von der Sonneneinstrahlung ab. Deswegen ist die Ausrichtung des Weinbergs wichtig. Geschützte Lagen erfrieren nicht so schnell. Dies und noch viel mehr beeinflusst jeden einzelnen Wein. Deswegen ist das Terroir quasi seine Visitenkarte und macht ihn unverwechselbar.
Wie arbeitet man als Produzent das Terroir im Wein heraus? Wie machen Sie das?
Das wichtigste ist, dass der Winzer seine Weinberge gut kennt. Wenn er die Erträge reduziert und sieht, was er jedem einzelnen Weinberg zumuten kann, sind die Reben quasi "im Flow". Dann können sie ihre ganze Kraft und alles, was sie aus dem Boden herausholen, in ihre Früchte stecken und das wird man danach schmecken. Auch die Sonneneinstrahlung muss man mit bedenken. Wir haben Weinberge, bei denen wir die Blattmasse und amit die Photosynthese-Leistung reduzieren, damit die Trauben nicht zu schnell reif werden, sondern ihre Aromen in den kühleren Nächten des Herbstes entwickeln können. Andere Weinberge werden so bearbeitet, dass die Trauben nicht durch die Sonnenstrahlen verbrennen. Wieder andere haben nur sehr karge Böden und wenig Wasser, von denen darf man nicht zu viel Menge verlangen, sonst leidet die Qualität. Wenn man alles tut, um gesunde, reife Trauben zu ernten und den Saft daraus später im Keller nicht ruiniert, werden die Eigenschaften des Terroirs später auf den Wein übertragen. Der Mensch kann das, was die Natur vorgibt, also durch sein Wirken prägen beziehungsweine herausarbeiten.
Wie gross ist der Einfluss des Jahrgangs auf das Terroir?
Die natürlichen Gegebenheiten bleiben im Prinzip gleich. Aber das Wetter hat einen
grossen Einfluss auf den Jahrgang. Wenn es zum Beispiel regelmässige Niederschläge gibt, werden mehr Mineralien aus dem Boden gelöst. Diese Unterschiede sind jedoch auf lange Sicht nicht so wichtig. Wenn wir in die Schatzkammer gehen und alte Weine verkosten wird schnell klar, dass Weinberg und Terroir den grössten Einfluss auf den Charakter des Weines haben und viel wichtiger sind als Jahrgang und Kellermeister.
Klimawandel und Wasserknappheit - hat dies einen Einfluss auf das Terroir?
Klimawandel und die Wasserknappheit verändern das Mikroklima und damit auch das Terroir. Manche Rebsorten werden verschwinden, vor allem die sogenannten "Neuzüchtungen" wie Müller-Thurgau und Bacchus, denen es jetzt einfach zu heiss wird. Dafür werden Rebsorten aus wärmeren Klimazonen interessanter. Bei uns im Weingut liegen die Schwerpunkte neben dem Silvaner immer mehr bei Burgundersorten, weil wir damit beste Erfahrungen machen. Auch manche Weinberge, die früher zu kühl waren, bringen jetzt immer spannendere Weine.
Ganz konkret in Ihrem Betrieb - wie beschreiben Sie das Terroir bei Ihnen?
Wir haben bei uns Keuperboden, wie bereits oben beschrieben: Keuper ist ein Sedimentgestein aus Tonen, das von feinen und dickeren Gipsadern durchzogen wird. Keuperweine haben Kraft und Fülle, wie die opulente Sumpflandschaft, in der das Gestein entstand. Je älter die Reben sind, umso besser ist dieses sogenannte Terroir zu schmecken: dezente fruchtige Noten, ein würziges kräutriges Aroma und ein voller kräftiger mineralischer Geschmack, der lange anhält. Der PH-Wert des Keupers und des Gipses sind relativ hoch, das heisst nicht sauer. Daher spielt Säure bei Keuper-Weinen keine dominante Rolle.
Konkret am Beispiel Iphofen - haben Sie hier verschiedene Terroirs?
Wir haben drei Lagen in Iphofen: Julius-Echter-Berg, Kronsberg und Kalb. Dort haben wir überall Keuperboden. Die Lagen sind relativ gross, deswegen werden für die Spitzenweine kleinere Einheiten eingegrenzt, alte Flurbezeichnungen, damit der Charakter des einzelnen Weinbergs besser beschrieben werden kann.
Der Julius-Echter-Berg, nach Süden ausgerichtet, ist die heisseste Lage und daher in seiner Geschichte auch die berühmteste. Jetzt wird der alte "Berg", das ursprüngliche Herzstück an der Westseite, als Bezeichnung für die Grossen Gewächse wiederbelebt. Dort gibt es folgende Besonderheit: Der Keuper wird hier von unterirdischen Schilfsandsteinschichten gurchzogen, die oberhalb davon im alten Steinbruch für den Bau der Würzburger Residenz verwendet wurden. Die KOmbination aus Keupter und Schilfsandstein gibt den Weinen einen hohen Extrakt, eine kräutrige Würze und einzigartige Spannung. Sie haben immer eine besonders lange Entwicklungszeit.
Der Kronsberg ist aus reinem Keuper und etwas kühler. Seine Weine zeigen immer besonders viel Frucht und Harmonie. In seinem Herzstück liegt die Iphöfer Kammer, aus der besonders elegante, fruchtige Grosse Gewächse kommen. Der Kronsberg profitiert vom Klimawandel und hat die perfekten Bedingungen für reife, aber nicht überreife Weine.
Die dritte Lage Iphofens, die "Iphöfer Kalb" liegt ein weinig abseits und weiter im Süden. Dort ist der Keuper von vielen Gipssteinen durchzogen, der Boden ist also skelettreicher. Die Wein aus der "Kalb" sind daher etwas leichter zugänglich und schneller entwickelt.
Terroir – Die Essenz des Weincharakters
Der Begriff "Terroir" ist in der Önologie allgegenwärtig, insbesondere im Kontext hochwertiger Weine. Doch was genau konstituiert dieses komplexe Konzept? "Terroir" transzendiert die simple Definition des Bodens, auf dem die Weinrebe kultiviert wird. Es umfasst die Gesamtheit der natürlichen Umweltfaktoren, die den Weinberg prägen und den Charakter des Weines multifaktoriell beeinflussen.
Die Komponenten des Terroirs:
Pedologie: Die Bodenbeschaffenheit ist fundamental für die Geschmacksentwicklung des Weines. Die Reben extrahieren Mineralien und Nährstoffe aus dem Boden, welche sich im Bouquet und der Struktur des Weines manifestieren. Kalkhaltige Böden beispielsweise induzieren eine mineralische Note und fördern die Säure, während lehmige Böden zu vollmundigen Weinen mit geschmeidigen Tanninen tendieren.
Klima: Sonnenstunden, Niederschlagsmenge und Temperaturverlauf determinieren den Reifegrad der Trauben und beeinflussen den Zuckergehalt, die Säure und die Aromenkomplexität. In warmen Klimazonen reifen die Trauben beschleunigt und entwickeln intensivere Aromen, während kühlere Klimazonen Weine mit ausgeprägter Säure und frischeren Aromen hervorbringen.
Topografie: Die Lage des Weinbergs, inklusive Höhenlage und Hangneigung, beeinflusst die Insolation und den Wasserabfluss. Steile Hänge gewährleisten eine optimale Drainage und ermöglichen den Reben eine tiefgründige Wurzelbildung. Die Exposition des Weinbergs zur Sonne determiniert die Intensität der Sonneneinstrahlung und somit den Reifegrad der Trauben.
Mikroklima: Innerhalb eines Weinbergs können kleinste Variationen im Mikroklima auftreten. So können beispielsweise Wälder oder Gewässer das lokale Klima modulieren und zu heterogenen Bedingungen für die Reben führen.
Die Ausprägung des Terroirs im Wein:
Die Interaktion all dieser Faktoren resultiert in einem einzigartigen Zusammenspiel, welches dem Wein seinen individuellen Charakter verleiht. Ein Wein aus dem Burgund mit seinem kalkreichen Boden und dem kontinentalen Klima wird sich signifikant von einem Wein aus dem Bordeaux mit seinen Kiesböden und dem maritimen Klima unterscheiden, selbst bei Verwendung der gleichen Rebsorte.
Terroir-Weine – Authentizität und Ursprung:
Terroir-Weine repräsentieren die Essenz ihres Ursprungsortes. Sie verkörpern die Geschichte des Bodens, des Klimas und der landschaftlichen Charakteristika ihrer Region. Durch die bewusste Berücksichtigung des Terroirs intendieren Winzer, die individuellen Eigenschaften ihrer Weinberge in ihren Weinen zu manifestieren.
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